Unschätzbare Ressource Boden

„Kaum eine Ressource nehmen wir so wenig wahr wie den Boden. Denn obwohl wir jeden Tag darauf gehen und ihn immer im Blick haben, so ist er doch vielen kaum präsent in den Vorstellungen, wenn sie an Natur- und Umweltschutz denken. Umso wichtiger ist es diese Ressource mehr in den Vordergrund zu stellen“, findet der Vorstand der Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum Jan-Bernd Kappelhoff. Er freut sich daher, dass der heutige Weltbodentag am 5. Dezember einer der Momente ist, in denen dieses Thema mehr Aufmerksamkeit bekommt. 

Auch in der Kampfmittelräumung komme dieses Thema oft zu kurz. „77 Jahre nach Kriegsende haben wir immer noch Tonnen an Kampfmittel im Boden. Der Zahn der Zeit nagt dabei auch an diesen Relikten, weshalb wir immer mehr auch den Fall haben, dass der Sprengstoff in der Bombe nicht das einzige Problem ist, sondern auch Sprengstoffabbauprodukte den Boden belasten“, erläutert Jan-Bernd Kappelhoff. Und hier höre dieses Problem nicht auf. Denn der Boden ist das zentrale Medium für den Systemkreislauf. 

„Kampfmittelräumung ist Gefahrenabwehr. Aber wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass Kampfmittel auch eine zunehmende Belastung unserer Ökosysteme sind. Boden ist endlich und es gilt diesen nachhaltig zu schützen und zu sanieren bzw. renaturieren, im Interesse unserer Natur und unserer eigenen Gesundheit“, resümiert Jan-Bernd Kappelhoff.

Kampmittelräumung – Prophylaxe für den Schutz der Wälder

Durch die zunehmende Trockenheit sind Waldbrände auch diesen Sommer wieder eine enorme Bedrohung für Mensch und Natur. „Das Löschen dieser Brände ist für die Feuerwehr oftmals eine Herkulesaufgabe. Wenn dann noch Kampfmittel in den Gebieten liegen, wird die Arbeit absolut unberechenbar“, findet Günter Westrup, Sprecher der Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum. 

Denn Kampfmittel im Untergrund können durch die enormen Temperaturen der Brände ausgelöst werden. Deren Explosionen schleudern lebensgefährliche Metallsplitter bis zu hunderte Meter weit. In so einer Situation ist dann das Problem: „Die Feuerwehr kommt nicht ran, denen fliegen sonst die Splitter um die Ohren“, fasst Günter Westrup das Problem zusammen. Die Bedrohung des Feuers wächst dadurch. „Weil der Boden nicht geräumt ist, kann oft viel zu wenig gemacht werden. Wenn wir die Menschen und die Natur vor den Flammen schützen wollen, dann müssen wir uns die Gefahr im Boden ansehen, bevor es brennt“, sagt der Sprecher der Stiftung. 

Deshalb müsse man sich jetzt konsequent der Thematik annehmen. „Das ist eine Gefahr für Jahrzehnte und wir müssen jetzt anfangen sie zu beseitigen um das, was uns wichtig ist, nämlich unser Leben und unsere Natur zu schützen“, fordert Günter Westrup.

Wir begrüßen Dr. Philipp Freiherr Heereman als neues Kuratoriumsmitglied im Stiftungsteam

Als neues Mitglied in unserem Stiftungsteam dürfen wir Herrn Dr. Philipp Freiherr Heereman aus Hörstel-Riesenbeck begrüßen. Freiherr Heereman bewirtschaftet einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und vertritt im Ehrenamt als Vorsitzender des Waldbauernverbandes die Interessen der privaten Waldeigentümer in NRW.

“Waldschutz bedeutet Umweltschutz. Daher freue ich mich sehr über Freiherr Heereman, mit dem wir ein weiteres engagiertes Mitglied für ein wichtiges Themengebiet gewinnen konnten”, so Jan-Bernd Kappelhoff, Vorstand der Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum.

Wir freuen uns sehr über die personelle Bereicherung der Stiftung und auf die künftige Zusammenarbeit.

Stiftungs-Stipendium fördert Forschungsarbeit
„Neuartige Anordnungen von Magnetometern in der Kampfmittelsondierung“

„Für mich war das Stipendium eine sehr gute Entscheidung“, sagt Ines Budde, 26 Jahre, die kürzlich ihren Master im Fachbereich Geophysik abgeschlossen hat.

„Kampfmittel sind ein Bereich, mit dem ich ständig durch die Geschichte Kiels in Kontakt kam und dadurch wurde ich schließlich auf das Thema aufmerksam“

Ines Budde, Geophysikerin & Stipendiatin


An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat Ines Budde studiert und gelebt. Meeresrauschen, Segelschiffe und eine frische Ostseebrise – all das und mehr macht die Hafenstadt aus. Als maritime Großstadt profitiert sie von der direkten Lage an der Ostsee. Im Zweiten Weltkrieg war sie jedoch ein leichtes Ziel für amerikanische Luftangriffe. So werden auch fast 80 Jahre nach Ende des Krieges regelmäßig Blindgänger und Altlasten in der Stadt gefunden. „Kampfmittel sind ein Bereich, mit dem ich ständig durch die Geschichte Kiels in Kontakt kam und dadurch wurde ich schließlich auf das Thema aufmerksam“, erzählt Ines Budde. Durch ein Praktikum erfuhr sie von dem Stipendium der Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum.

Das Stipendium der Stiftung half Ines Budde bei der Beschaffung von Informationen über Kampfmittel. Durch den unkomplizierten Zugang zu jeglicher Expertise – sei es durch ein großes Netzwerk, den Besuch von Tagungen oder Fachliteratur – erhielt die junge Geophysikerin die nötige Unterstützung. Der Fokus ihrer Arbeit lag auf der Anwendung von geomagnetischen Messungen in der Kampfmittelsondierung. „Zurzeit finden geomagnetische Messungen mit einem Messwagen mit einer vertikalen Ausrichtung der Sonden statt. Aber gerade im Marinebereich, wie zum Beispiel in Kiel, oder in schwer zugänglichen Bereichen bieten sich Drohnen oder Unterwasserfahrzeuge an. Hierbei ist eine horizontale Ausrichtung der Sonden aufgrund des Luft- bzw. Wasserwiderstands vorteilhaft“, erklärt Ines Budde.

Eine derartige Ausrichtung hat sie im Rahmen ihrer Masterarbeit experimentell untersucht. Darüber hinaus hat sie einen neuen Inversionsansatz zur Detektion von Störkörpern mit dieser horizontalen Ausrichtung entwickelt.

„Meine Forschungsarbeit war ein voller Erfolg. Ein besonderer Dank gilt dem Stipendium, das meine Erwartungen sogar übertroffen hat. Ich wurde auf ganzer Linie unterstützt und kann es mit gutem Gewissen weiterempfehlen“, berichtet Ines Budde. Es sei ein gutes „rundum Sorglospaket“, das nicht nur bei finanziellen Engpässen Entlastung verschaffe, sondern auch wissenschaftlichen Austausch mit Kolleg:innen oder auf Tagungen, Expertenrat und eine flexible, verlässliche Betreuung ermögliche, sagt die junge Absolventin.

„Eine große Säule unserer Stiftung war von Beginn an die Bildung und wir freuen uns, den Fortschritt des Fachwissens mit dem Stipendium voranzutreiben“

Simon Gremmler, Zuständiger Stipendium


Simon Gremmler, Fachbereichsleiter der Geophysik und Fortbildung, erkannte früh den Förderbedarf in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Kampfmitteln. „Eine große Säule unserer Stiftung war von Beginn an die Bildung und wir freuen uns, den Fortschritt des Fachwissens mit dem Stipendium voranzutreiben“, so Gremmler. Das helfe nicht nur der Stiftung, sondern der ganzen Branche und bringe uns dem gemeinsamen Ziel näher, Gefahrenquellen zu beseitigen, ergänzt er. Die Ergebnisse von Ines Budde sprechen schließlich für den Erfolg des Stipendiums.

Die Stiftung bietet Studierenden verschiedener Fachrichtungen die Möglichkeit, sich für ein Stipendium während ihrer Abschlussarbeit zu bewerben. Ausführliche Informationen dazu finden Sie hier

Die junge Absolventin machte auch außerhalb der Universität auf ihre Ergebnisse aufmerksam. Sie erarbeitete u.a. einen Beitrag für die DGG (Deutsche Geophysikalische Gesellschaft e.V.). Besonderes Augenmerk legte sie auf die visuelle Darstellung der magnetischen Messdaten (s. linker Bildschirm, Mitte).
Geophysikerin Ines Budde freut sich darauf, Ergebnisse Ihrer Forschungsarbeit auch in der Praxis anwenden zu können.

Wir trauern um Josef Göppel

Mit Bestürzung und tiefer Traurigkeit haben wir von dem unerwarteten Tod unseres Kuratoriumsmitgliedes Herrn Josef Göppel erfahren.

Wir fühlen uns geehrt, dass wir Herrn Göppel von Beginn an als Mitglied des Stiftungskuratoriums gewinnen konnten. Seine Jahrzehnte lange Expertise als Umweltpolitiker und die damit verbundenen Aktivitäten sowie sein Engagement als Vorsitzender des Vorstands Stiftung Deutsche Landschaften sehen wir als einen außerordentlichen und wertvollen Beitrag für unsere Stiftung an.

Unser Mitgefühl gilt Familie Göppel und deren Angehörigen.

Verleihung des Bundesverdienstkreuzes für Sprengmeister: Beruf muss stärker in den Fokus rücken

Die „Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum“ (SkL) freut sich über die Würdigung für Sprengmeister Andreas West mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland – dem Bundesverdienstkreuz. „Herr West hat sich in mehr als 30 Jahren für die Sicherheit der Menschen und für Lebensräume frei von Kampfmitteln eingesetzt“, sagt SkL-Sprecher Günter Westrup und er ergänzt: „Für die Anerkennung dieser großartigen Lebensleistung gratulieren wir im Namen der Stiftung von Herzen.“ Die Auszeichnung müsse aber auch Anlass sein, den Beruf, den West ausübt, stärker in den Mittelpunkt zu rücken und Nachwuchskräfte für diese anspruchsvolle Tätigkeit zu fördern.

Der berufliche Werdegang von Andreas West in der Fachrichtung Kampfmittelräumung begann kurz nach der Wiedervereinigung. Seine Ausbildung zum Meister absolvierte der heute 63-Jährige an der Dresdener Sprengschule 1991. Nach kurzer Zeit übernahm er die Verantwortung als Leiter des Kampfmittelräumdienstes für Ost- und Westthüringen. Neben unterschiedlichen leitenden Funktionen ist der Sprengmeister nach wie vor bei der Beseitigung von Kampfmittelrückständen im Einsatz. 100 Blindgänger hat West während seiner Karriere erfolgreich entschärft. Dennoch bleibt der erfahrene Kampfmittelexperte bescheiden. „Alleine kann ich gar nichts. Diese Würdigung gehört unserem gesamten Team“, sagt der Bundesverdienstkreuzträger.

Wie West betont, kann Kampfmittelräumung nur erfolgreich sein, wenn eine Mannschaft vertrauensvoll zusammenarbeitet. Wichtige Voraussetzung für den Beruf sind die seelische und körperliche Gesundheit. Einige der deutschlandweit tätigen Fachkräfte hat West selbst mitausgebildet. Eine Tätigkeit, die dem Thüringer wichtig ist. Gleichzeitig sorgt er sich. Denn immer weniger junge Menschen wollen in seine Fußstapfen treten. Dabei ist der Bedarf bereits sehr groß.

„Wir brauchen dringend neue gut ausgebildete Experten“, erklärt Günter Westrup. Nur mit einem systematischen Ausbau der Fort- Weiterbildung ließe sich die Herausforderung, kampfmittelfreie Lebensräume zu schaffen, erreichen. Im Zweiten Weltkrieg wurden circa 2 Mio. Tonnen Bomben auf deutschen Boden abgeworfen. In etwa ein Viertel sind Blindgänger. „Das verdeutlicht, dass wir noch lange mit Entschärfungen werden leben müssen. Und dann müssen Fachleute schnell vor Ort sein und die Gefahr beseitigen“, sagt Westrup. Um dies zu gewährleisten, müssten Verantwortliche jetzt handeln und die Weichen für Förderung von Nachwuchskräften stellen.

Arbeitgeberinitiative setzt sich für neue Berufsausbildung in der Kampfmittelräumung ein

Das Thema wird für die Gesellschaft immer dringlicher: Es ist höchste Zeit, Strukturen zu schaffen, um junge Menschen beruflich zur Kampfmittelräumung zu führen und sie fachlich gut auszubilden. „Aus unserer Sicht eignet sich dazu am besten ein dualer Ausbildungsberuf, um den Qualifikationsbedarf abdecken und die Fachkräftelücke schließen zu können“, sagt Günter Westrup, Sprecher der Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum. Aus diesem Grund kamen jetzt rund 20 Vertreter:innen aus Unternehmen der Kampfmittelräumung, Verbänden, Ingenieurbüros und Ministerien zusammen. Stephanie Bergmann, Koordinatorin der Stiftung, begrüßte die Fachleute jetzt zum Auftakttreffen in Erfurt.

Ziel der Zusammenkunft war es, einen Anstoß zu geben, um künftig eine Ausbildung mit dem möglichen Titel „Technischen Fachkraft für Kampfmittelräumung“ zu ermöglichen. Es müssen noch viele Fragen geklärt werden, wie: Welche Inhalte sind für eine fachgerechte Ausbildung maßgeblich? Welche Kompetenzen sind für eine zukünftige Fachkraft relevant? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu klären? Dafür wurden jetzt Informationen aus allen Bereichen gesammelt und sondiert. Weitere Arbeitstreffen werden noch folgen. „Der heutige Tag war ein guter für die Kampfmittelräumung“, betonte Stephanie Bergmann. Die Workshop-Teilnehmer hätten nun die ersten Weichen gestellt. „Jetzt müssen wir am Ball bleiben und unser Vorhaben weiter vorantreiben“, ergänzte -Simon Gremmler, Fachbereichsleiter Fortbildung.

Neuer Stiftungssitz soll Zusammenarbeit fördern

Das Stiftungsgebäude in Erfurt

Die „Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum“ (SkL) hat ihren Sitz verlegt. Sie ist nun an der Alfred-Hess-Straße 40 in Erfurt ansässig. In unmittelbarer Nähe befinden sich das Erfurter Messegelände sowie das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales.

Unter dem gleichen Dach firmiert auch der Verein Güteschutzgemeinschaft Kampfmittelräumung Deutschland (GKD), der jüngst von Sachsen nach Thüringen umgezogen ist. „Wir freuen uns sehr, eine Bürogemeinschaft mit der GKD hier in Erfurt bilden zu können“, sagt Günter Westrup, Sprecher der Stiftung. Es gebe viele gemeinsame Schnittmengen und Tätigkeitsfelder. „Das fördert die Zusammenarbeit“, so Westrup.

Auf dem Foto: Sie freuen sich auf gemeinsame Projekte (v.l.): Thomas Hennicke (Geschäftsführer GKD), Stephanie Bergmann (Koordinatorin SkL) und Jürgen Plum (Vorstandsvorsitzender GKD)

Stiftungsarbeit nimmt Fahrt auf

Die „Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum“ treibt Lösungen ihrer Ziele weiter voran. Davon hat sich Kuratoriumsmitglied Prof. Johannes Preuss bei seinem Besuch am Testfeld für Kampfmittelräumung in Greven persönlich überzeugt. Im Fokus stand die Förderung des Nachwuchses.

Es ist eins der wichtigsten Anliegen der „Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum“: Neuen Fachkräften eine berufliche Perspektive aufzuzeigen und sie für die verantwortungsvollen Aufgaben auf höchstem Niveau auszubilden. Denn junge Menschen sollen und müssen künftig personelle Lücken füllen, die zurzeit noch ältere Spezialisten ausfüllen.

Diejenigen, die Munitions- und Rüstungsreste bergen und sicher entschärfen, werden auf lange Sicht zu wenig. Dabei ist der Bedarf enorm und wird weiterhin groß ausfallen. „So wie es momentan aussieht, wird es noch weitere 76 Jahre Munitions- und Bombenfunde geben“, sagte Prof. Preuss. Hintergrund sei auch, dass es momentan keine systematische Kampfmittelsuche gebe, sondern dass diese nur anlassbezogen stattfinde. „Und es fehlt an Personal“, betonte der Forscher.

Ohne frische Kräfte ist die Sicherheit von Mensch und Natur durch die Kriegsaltlasten hierzulande gefährdet. Die Stiftung setzt sich dafür ein, ein solches Szenario zu vermeiden. „Wir erreichen das nur mit gutem Personal und ausreichender Manpower“, sagte Günter Westrup und ergänzte: „Wir müssen jetzt dringend handeln, damit wir junge Menschen für diese Aufgaben interessieren.“ Man wolle personelle Engpässe unbedingt verhindern. „Das Berufsfeld bietet viele Möglichkeiten. Das wollen wir künftig noch stärker kommunizieren und diese Chancen aufzeigen.“

Das Heranführen junger Menschen an die gesuchten Berufsbilder ist das eine. Dafür wurden bereits Stipendienprogramme aufgelegt. Ein weiterer Baustein ist die Investition in moderne Schulungsmethoden. Auch hier ist die Stiftung kampfmittelfreier Lebensraum aktiv. In Planung ist die Errichtung eines Schulungszentrums am Versuchsfeld in Greven. Hier sollen sich Geophysiker und künftige Kampfmittelspezialisten künftig mit allen modernen Methoden für diesen Beruf intensiv vertraut machen. Ein erster Schritt, nach dem es weiterhin viel zu tun gibt.

Erfahren Sie mehr über die Förderung von Nachwuchskräften

Den Rauschenberg zurückgewinnen

Naturschutz und Kampfmittelräumung arbeiten Hand in Hand

Stück für Stück arbeiten sich Kampfmittelräumer seit Anfang 2021 am Rauschenberg in Hessen voran. 27 Hektar Wald werden sie in den kommenden Monaten sondieren. Ohne die Hilfe eines Artenschützers kämen sie kaum voran.

Das Naherholungsgebiet in der Nähe von Fulda hat bei den Menschen in der Region einen hohen Stellenwert. „Der Rauschenberg ist für unsere Gemeinde, aber auch für die ganze Stadtregion Fulda ein sehr wichtiges Ausflugsziel“, sagt Sebastian Kircher, Pressesprecher der Gemeinde Petersberg. Da das Waldgebiet, mit zahlreichen Spazierwegen, nah an verschiedenen Wohngebieten liege, sei es gerade in Corona-Zeiten eigentlich ein wichtiger Anlaufpunkt. Doch erst wenn es wieder frei von Kampfmitteln ist, dürfen Spaziergänger und Sportler das Waldgebiet wieder frei betreten.

Nachdem Bauarbeiter im Herbst 2017 scharfe Munition aus dem Zweiten Weltkrieg unter der Erdoberfläche des Rauschenbergs gefunden hatten, wurde das Waldgebiet gesperrt. „Durch die Nähe des Rauschenbergs zum Hauptbahnhof Fulda ist bekannt, dass diese Region stark bombardiert wurde“, sagt Kircher und er ergänzt: „Dass die Gefahren allerdings so nah liegen, war eine Überraschung.“

Munition lässt sich beseitigen. Und das lässt sich gut planen. Schwierig kann das jedoch werden, wenn zusätzliche Probleme auftauchen. So wie am Rauschenberg im Jahr 2019. Der Wald wurde krank. So krank, dass er für die Menschen zusätzlich zur Gefahr wurde. „Plötzlich waren nicht nur die Kampmittel ein Problem, sondern auch instabile Bäume.“ Die Gemeinde sperrte daraufhin das gesamte Waldgebiet. Übrig blieb nur der Rundwanderweg um den Rauschenberg – ein asphaltierter Weg, weit genug entfernt von den betroffenen Bäumen.

Um das beliebte Ausflugsgebiet schnellstmöglich wieder zugänglich zu machen, mussten die Verantwortlichen einen noch detaillierteren Plan entwickeln, als ursprünglich angedacht. Die Herausforderung dabei: die Balance zwischen Kampfmittelräumung und Naturschutz zu finden. „Denn beide Komponenten bedingen sich“, erklärt Kircher. „Die Kampfmittelräumer konnten nicht in den Wald wegen möglicher Gefahren durch die Bäume. Die Förster nicht wegen der Blindgänger.“ Eine intensive Projektplanung startete. „Es war nicht einfach, entsprechende Partner für dieses Projekt zu finden“, so Sebastian Kircher.

Doch jetzt geht es voran. Und es geht Hand in Hand. Um die artenschutzgerechte Umsetzung kümmert sich Matthias Müller. Regelmäßig ist der und Naturschützer auf dem Areal unterwegs und verschafft sich einen Überblick. Denn Flora und Fauna geben die Herangehensweise vor. „Da sich die Arbeiten über eine lange Zeit ziehen, müssen wir den Rhythmus der Tiere zu den verschiedenen Jahreszeiten beachten“ erklärt Matthias Müller. Der 57-Jährige ist selbstständiger Arten- und Naturschutzgutachter und studierter Biologe. Er kennt den Rauschenberg und weiß, dass dort Tiere leben, die unter die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie fallen. „Beispielsweise die Haselmaus oder verschiedene Fledermausarten.“ Aus Rücksicht auf sie steht der Biologe in engem Kontakt mit dem Bauleiter. Wir schauen, wo Hecken entfernt werden müssen, damit die Sondierungsarbeiten für die Kampfmittelräumung möglich sind und schaffen entsprechend neue Rückzugsorte.“ Reisighaufen und Benjeshecken bieten sich dafür an.

Auf der anderen Seite kommt Müllers Tätigkeit auch den Bauarbeitern zugute. Er hat für sie alle Bäume markiert, die von der Buchenkomplexkrankheit betroffen sind. Dadurch wissen die Kampfmittelräumer, wo Vorsicht geboten ist. „Es ist ein sehr komplexes Projekt, das die gesamte Ökologie des Rauschenbergs im Blick hat und nur im engen Austausch miteinander funktioniert“, betont Müller. Er freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit den Kampfmittelräumern in den kommenden Monaten und ist sich sicher: „Stück für Stück werden wir den Rauschenberg wieder zurückgewinnen.“ Für die Menschen in der Region ist das eine gute Nachricht.

Fotos: Gemeinde Petersberg, David Nüchter (Hessen Forst)